Viele Menschen, die einen Schlaganfall hatten, haben nun Schwierigkeiten bei einigen Bewegungen, selbst nach der besten Therapie. Neue Methoden um die Schlaganfalltherapie effektiver zu gestalten, könnten den Betroffenen helfen, sich besser zu erholen. Einige Forscher haben Gehirn-Computer Schnittstellen (BCI) entwickelt, die durch Messung der Gehirnströme feststellen können, wann sich ein Patient eine Handbewegung vorstellt. Wir haben ein BCI-System entwickelt, das die Gehirnaktivität der Patienten zur Steuerung eines Muskelstimulators und der Darstellung der Hände auf einem Monitor während nutzt. Die Patienten erhielten während der Therapie ein positives Feedback, sobald sie sich eine Bewegung richtig vorstellten. Wir testeten 51 Patienten, von denen einige bereits vor vielen Jahren einen Schlaganfall erlitten hatten. 49 davon verbesserten sich nach der Therapie. Die BCI- Therapie könnte also Schlaganfallpatienten helfen. Wir glauben, dass es in den nächsten Jahren weitere Fortschritte geben wird, die zu besseren Therapien mit BCIs führen werden.
Ein Schlaganfall ist eine Art von Hirnschaden, der immer häufiger auftritt, weil die Menschen immer länger leben. Ein Schlaganfall entsteht, wenn ein Blutgefäß im Gehirn verstopft ist oder zu bluten beginnt. In beiden Fällen werden einige Teile des Gehirns nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt, was zu schweren Hirnschäden führen kann. Nach einem Schlaganfall ist es wichtig, dass der Patient sofort in ein Krankenhaus kommt. Manchmal können die Ärzte dem Patienten helfen, sich innerhalb weniger Tage nach dem Schlaganfall von einem Teil der Hirnschäden zu erholen. Doch selbst bei einer Behandlung im Krankenhaus haben viele Patienten schwere, lang anhaltende Hirnschäden und benötigen eine umfassende Therapie.
Das Gehirn besteht aus zwei Hälften, der linken und der rechten Hemisphäre. Normalerweise ist bei einem Schlaganfall nur eine Hemisphäre betroffen, so dass einige Patienten Schwierigkeiten haben, die linke oder rechte Körperhälfte zu bewegen. In schweren Fällen können Arm und Bein auf der linken oder rechten Seite vollständig gelähmt sein. In vielen leichteren Fällen haben die Patienten nur Probleme mit einem Arm oder Bein (nicht mit beiden) und können fast alle Bewegungen normal ausführen. Ein Schlaganfall kann ein weiteres Problem verursachen, das als Spastizität bezeichnet wird. Dies bedeutet, dass einige Muskeln zu stark angespannt sind. Die Patienten können Schmerzen, Bewegungsschwierigkeiten, ungewollte Bewegungen und andere Probleme haben.
Bewegungseinschränkungen können zu vielen Herausforderungen führen. Schlaganfallpatienten können möglicherweise nicht mehr arbeiten oder ihren Lieblingssportarten oder Hobbys nachgehen. Sie sind möglicherweise auf die Hilfe von Freunden und Familie angewiesen und haben möglicherweise finanzielle Probleme aufgrund von Arbeitsausfällen und den Kosten für Behandlung und Pflege. Manche Patienten fühlen sich in der Öffentlichkeit unwohl, weil sie befürchten, dass die Leute sie wegen ihrer Behinderung hänseln werden. Dies sind nur einige Gründe, warum wir die bestmöglichen Ansätze und Technologien brauchen, um Schlaganfallpatienten zu helfen, ihre Bewegungsfähigkeit wiederzuerlangen.
Stelle Dir einen Schlaganfallpatienten vor, der eine Hand nicht mehr bewegen kann. Bei der Behandlung bitten die Therapeuten den Patienten oft, sich bestimmte Handbewegungen vorzustellen oder zu diese zu versuchen. Über Dutzende von Therapiesitzungen hinweg hilft dies dem Gehirn, die Kontrolle der betroffenen Hand neu zu erlernen. Das Elektroenzephalogramm (EEG) wird bereits seit vielen Jahren eingesetzt, um die elektrische Aktivität des Gehirns zu messen [4]. Bei dieser Technik werden kleine Metallplättchen, so genannte Elektroden, am Kopf angebracht. Das EEG kann uns sagen, welche Bereiche des Gehirns aktiv sind. Wenn wir zum Beispiel Elektroden über den Hirnregionen anbringen, die für Bewegungen und Empfindungen zuständig sind, können wir die Hirnaktivität untersuchen, die auftritt, wenn sich eine Person bewegt oder etwas spürt.
Das EEG kann mit einer Gehirn-Computer-Schnittstelle (BCI) kombiniert werden, um eine neue Art der Schlaganfalltherapie zu schaffen. Ein BCI ist ein System, das der behandelten Person in Echtzeit Rückmeldungen über die Gehirnaktivität geben kann. Das BCI-System kann erkennen, sobald sich der Patient die richtigen Handbewegungen vorstellt, und kann ihm mitteilen, ob diese Bewegungen korrekt sind. Stellt sich der Patient beispielsweise eine Bewegung der linken Hand vor, kann eine Cartoon-Hand auf dem Monitor diese Bewegung nachahmen, während ein Muskelstimulator der linken Hand hilft, sich zu bewegen. Auf diese Weise erhält der Patient nur dann ein positives Feedback vom System, wenn er die vorgestellte Bewegung korrekt ausführt. Zu sehen, wie sich eine Bildschirmhand bewegt, und gleichzeitig zu spüren, wie sich die eigene Hand bewegt, kann die Patienten motivieren und ihr Gehirn unterstützen, motorische Funktionen neu zu erlernen.
Wir haben 51 Patienten gebeten, an unserer Studie teilzunehmen. Diese Patienten waren im Durchschnitt 61 Jahre alt und hatten ihren Schlaganfall durchschnittlich 37 Monate vor der Studie erlitten. Manche Leute glauben, dass Patienten, deren Schlaganfall mehr als 12 Monate zurückliegt, sich wahrscheinlich nicht mehr verbessern werden, aber wir haben eine andere Hypothese aufgestellt.
Die Patienten nahmen vor der Therapie an zwei Voruntersuchungen teil. Bei diesen Voruntersuchungen führten wir Tests durch, um die motorischen Fähigkeiten und andere Faktoren jedes Patienten zu untersuchen. Die Untersuchungen wurden an zwei verschiedenen Tagen im Abstand von einem Monat durchgeführt, um sicherzustellen, dass wir die Fähigkeiten der Patienten vor der Therapie gut einschätzen konnten. Anschließend nahmen die Patienten an 25 bis 31 BCI-Therapiesitzungen mit einem zugelassenen Therapeuten teil. Jede Sitzung dauerte etwa 1 Stunde, und die meisten Patienten nahmen an 2 Sitzungen pro Woche teil (Abbildung 1). Anschließend führten wir drei Nachuntersuchungen durch, um zu untersuchen, wie sich die einzelnen Patienten verändert hatten. Die erste Nachuntersuchung fand unmittelbar nach der letzten Therapiesitzung statt, die weiteren Nachuntersuchungen wurden ein und sechs Monate später durchgeführt.
Wir untersuchten die Wirkung der BCI-Therapie, indem wir drei separate Faktoren gemessen haben:
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Die BCI-Genauigkeit ist eine Möglichkeit, das Engagement der einzelnen Patienten bei den motorischen Vorstellungsaufgaben zu messen. Eine hohe BCI-Genauigkeit zeigt an, dass der Patient konzentriert bei der Sache ist und sich die Bewegungen richtig vorstellt. Wenn sich der Patient keine Bewegung vorstellt, liegt die BCI-Genauigkeit bei etwa 50 %. Eine niedrige Genauigkeit könnte daher darauf hinweisen, dass der Patient nicht mitmacht oder sich die Bewegungen nicht richtig vorstellt. Ein Therapeut könnte dann dem Patienten Tipps geben um die BCI-Genauigkeit zu verbessern (Abbildung 2A).
Die Gehirnaktivität wird während der gesamten BCI-Therapie gemessen. In der Regel arbeiten die Bewegungsbereiche des Gehirns in den ersten Therapiesitzungen noch nicht effektiv zusammen. Im Laufe der Therapiewochen sehen wir oft, dass die Bewegungsareale im Gehirn viel aktiver werden (Abbildung 2B). Die Farben in Abbildung 2B zeigen die Hirnaktivierung bei verschiedenen Frequenzen in Bereichen, die für die Bewegung wichtig sind. Die x-Achse gibt die Zeit in jedem Versuch an; weiter rechts liegende Bereiche zeigen spätere Zeitpunkte im Versuch an. Die y-Achse spiegelt verschiedene Frequenzen wider. Die unteren Bereiche des Diagramms sind niedrigere Frequenzen (gekennzeichnet durch den griechischen Buchstaben µ) und die höheren Bereiche des Diagramms sind höhere Frequenzen (gekennzeichnet durch den griechischen Buchstaben ß).
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Die wichtigste Wirkung der BCI-Therapie besteht darin, den Patienten zu helfen, ihre Bewegungskontrolle wiederzuerlangen. Abbildung 3A zeigt einen Geschicklichkeitstest, den Therapeuten und Wissenschaftler verwenden, um die Bewegung von Hand und Handgelenk zu testen. Er heißt Nine-Hole-Peg (auf deutsch 9-Stifte) Test, weil der Patient möglichst rasch neun kleine Stifte aufnehmen und in kleine Löcher stecken muss. Wir baten die Patienten, diesen Test während der Therapie mehrmals mit beiden Händen durchzuführen, und wir verfolgten die Zeit, die sie für den Test benötigten. Wenn die BCI-Therapie einem Patienten half, seine Bewegungskontrolle wiederzuerlangen, konnten wir feststellen, dass sich die Zeit, die der Patient für die Durchführung dieses Tests benötigte, im Laufe der Therapiesitzungen verkürzte (Abbildung 3B).
Neben dem Nine-Hole Peg Test haben wir viele weitere Tests durchgeführt, um Schmerzen, Spastizität, Konzentration und Gedächtnisfunktion zu messen und um festzustellen, wie gut die Patienten verschiedene Bewegungen mit und ohne Hilfe ausführen können. Bei einigen Tests handelte es sich lediglich um Fragebögen, in denen alltägliche Aktivitäten abgefragt wurden, z. B. ob der Patient ohne Hilfe ein T-Shirt anziehen konnte. Wir führten mit jedem Patienten 18 Tests durch, und eine höhere Punktzahl deutete auf eine Verbesserung in diesen Tests hin (Abbildung 3C). Unsere Ergebnisse zeigten, dass die BCI-Therapie den meisten Patienten half, die Bewegung wiederzuerlangen und/oder die Spastik in ihren Händen und Armen zu verringern. Wir fanden heraus, dass die Therapie bei Patienten, die mehr als 80% Genauigkeit erreichen, besser funktioniert. Die BCI-Therapie funktionierte sogar noch viele Jahre nach dem Schlaganfall. Ein Patient nahm 31 Jahre nach dem Schlaganfall teil und verbesserte sich immer noch! Unsere Ergebnisse zeigten uns, dass die BCI-Therapie dem Gehirn der Patienten half, ihre Bewegungen besser zu steuern.
Dieser Artikel wurde am 1. Oktober 2021 in Frontiers For Young Minds veröffentlicht.